Es ist schön, Land und sogar einen Wald sein eigen nennen zu können. Und es bedeutet auch Verantwortung. Das Anlegen des Gartens, die Umstellung auf Bio, die Folgen konventioneller Agrarkultur und schliesslich der Entscheid für eine sanfte Waldbewirtschaftung.
von Karin Christina
Überwältigt von der «Euphorie des Südens» und der Freude unser eigenes Land zu kultivieren, säten wir viel zu früh unsere ersten Setzlinge an. Eigentlich ist hier die Pflanzzeit höchstens 2 Wochen früher als in der Schweiz. Aber wir Nordländer liessen uns von den Fakten nicht bremsen: Schliesslich sind wir ja jetzt im Süden und da ist es immer warm und sonnig.
Den Boden vorbereiten
Einiges mehr Zeit in Anspruch nahm die Vorbereitung des Bodens. Das Terrain unseres «Selbstversorger-Gartens» war überwuchert von Brombeeren. Dieser Teil musste komplett umgepflügt werden. Wir pflanzten recht grossräumig, so dass wir auch Erfahrungen sammeln konnten, wo was gut wächst. Schnittmangold liebt unseren Boden und er wächst auch jetzt immer noch. Karotten fühlten sich nicht so wohl. Bohnen, Kartoffeln, Randen und Kohlrabi gediehen gut. Und Zuchettis wuchsen uns auch schon bald um die Ohren. (dafür geniessen wir jetzt superfeine süss-saure Zuchini > Link Rezept. Und auch jetzt können wir bereits wieder Randen, Fenchel, Federkohl und Salat den wir Ende August gepflanzt haben ernten. Sogar der Kabis wächst nun prächtig, was im Frühjahr nicht der Fall war.
Lehmhaltiger Boden
Generell sind unsere Böden schwer und lehmig. Wenn es regnete konnte man den Boden erst einige Tage später wieder bearbeiten. Lehmiger Boden ist an sich nicht schlecht, das zeigte sich vor allem im Sommer, mit viel Mulch um die Pflanzen mussten wir gar nicht so viel giessen, denn der Boden hielt die Feuchtigkeit gut zurück.
Der Südgarten
Etwas anders war es im «Südgarten». Er ist stärker Sonne und Wind exponiert und so installierten wir ein Bewässerungssystem für Tomaten, Peperoni und Peperoncini, Auberginen, Melonen und Kürbisse und Hasel- und Mandelbäume. Aber auch hier galt: Mulchen, mulchen, mulchen. Der Südgarten ist nicht nur für unsere Selbstversorgung gedacht, sondern mittelfristig für den Verkauf und Verarbeitung von Gemüse angelegt. Rückblickend hatten wir eine sehr reiche Ernte, die wir für das erste Jahr gar nicht erwartet hatten. Von Juni bis Oktober ernährten wir uns mit unserem eigenen Gemüse und verarbeiteten dieses auch zu: Tomatensaucen, Ajwar (Peperonie-Püree), Babaganoush (Auberginenmus), Süssraure Zuchettis- und Kürbisse und Konfitüren aus Wildsammlung. Ja und unsere Tomatenschwemme bescherte Herbie auch noch einen Spitznamen: «Tomaten-Herbie», wurde er von Kindern unserer Gäste genannt.
von Karin Christina
Unsere 27 Ha Kulturland wurden jahrelang intensiv konventionell genutzt. Jetzt sind wir in Umstellung auf Biologische Landwirtschaft und sehen die Folgen der Übernutzung.
Wenn schlafende Samen erwachen
Der Boden rebelliert und bringt sich damit wieder selber in ein Gleichgewicht. Sein Zustand zeigt er uns mit verschiedenen Pflanzen an, die wachsen und wir nie gesät haben. – Sogenannt schlafende Samen, die nun erwachen. Samen, die jahrelang im Boden überlebt haben und durch den massiven Einsatz von Herbiziden und künstlichem Dünger nicht gediehen. Der Einsatz von Herbiziden vergleiche ich gerne mit dem Einsatz von Cortison. Es ist Symptombekämpfung. Es unterdrückt die natürliche Regeneration des Bodens, der immer wie jedes lebendige System nach Homöostase (einem Gleichgewicht) strebt. Die Natur tut das, in dem verschiedene Arten von Pflanzen wachsen, die uns alle etwas zu sagen haben, die den Boden z.B. mit Stickstoff anreichern, oder ihm Nitrate entziehen, den PH-Werterhöhen oder senken, mit ihren Wurzeln die Erde auflockern und das durch schwere Maschinen verdichtete Terrain wieder mit Sauerstoff versorgen damit die Mikroorganismen und Bodenbewohner wieder eine Lebensgrundlage haben.
Mohngrenier
Die schöne Seite der schlafenden Samen: Der Mohn bescherte uns im Frühjahr eine rotes Meer und unser Mongrenier wurde zum Mohngrenier. Natürlich ist das nicht nur auf die Schlafenden Samen
zurückzuführen, sondern auch auf klimatische Bedingungen, wie zum Beispiel Temperatur und Niederschlag, die das Wachstum für bestimmte Pflanzenarten begünstigen. Das nächste Jahr ist noch für
Gras und Heu vorgesehen, ab 2020 – wenn wir auf Bio umgestellt haben werden, beginnen wir auch Kulturen anzupflanzen.
Wir leben nicht isoliert von unserer Umgebung wir sind Teil eines Ökosystems. Das wird mir nun sehr bewusst, wo ich nun direkt mit dem Boden, dem Land und Wald die uns jetzt anvertraut sind, in
Beziehung trete.
Von Herbie
Wir sind auch Besitzer von 48 Ha Wald. Dieser besteht zum überwiegenden Teil aus Steineichen. Und zu einem kleinen Anteil Eichen und anderen Arten. Die Steineiche ist eine immergrüne Pflanze.
Coupe Raze
Das Erste, was mir auffiel, waren völlig kahlgeschnittene Areale. Nackte Erde, kein Baum. Mir blutet noch immer das Herz, wenn ich daran vorbeikomme. Bei diesem Phänomen handelt es sich um die sogenannte «coupe raze» (Kahlschlag). Mit wem wir sprachen, alle liessen verlauten, dass dies die einzig gangbare Bewirtschaftungsart sei, da die Bäume ja wieder ausschlagen und nach ca. 40 Jahren erneut gerodet werden können.
Sylviculture Douce
Dank viel Glück sind wir an einen alternativen Forstingineur gelangt, der eine vollkommen andere Bewirtschaftungsart fördert. Diese heisst «la sylviculture douce» (sanfte Waldbewirtschaftung). Bei dieser Art werden die Bäume ins Zentrum gesetzt, und man schaut zuerst, was tut dem Baum und dem Wald gut. Natürlich werden auch Bäume geschnitten, aber der Schnitt erfolgt nach einem Muster, das den Wald schnell wieder erholen lässt. Ich habe in diesem Zusammenhang einen 1-wöchigen Bewirtschaftungskurs besucht, der ganz dieser Art entsprach. Wir werden nun den Brennholzbedarf auf diese Weise angehen. Meine Zukunftsvision für unseren Wald: Arealweise versuchen, einen Mischwald mit geeigneten Bäumen aufzubauen und den Wald auch für Erlebnisse, Begegnungen und Begehungen «nutzen» und nur nach Bedarf holzen.
von Karin Christina
Wie sieht denn unser Wald von Nahem aus? Steineichenwälder gehören in diese Region. Leider haben wir auch hier keine Ur-Wälder mehr und viele der Steineichen oder Grün-Eichen (Chêne vert),
wie sie auch genannt werden, wurden wohl schon einmal gefällt.
Steineichen
Nun haben wir viele kleine Steineichen, die nicht nur einen Stamm haben, sondern aus deren ehemaligen Schnittstelle nun 5 bis 7 kleinere Stämme wachsen. Das verleiht dem Wald wieder einen eigenen Charakter. Aber richtig grosse hohe Steineichen – diese können bis 28 Meter hoch und bis zu 500 Jahre alt werden – haben wir kaum mehr in unserem Wald.
Dicht und unzugänglich
Zudem ist unser Wald sehr dicht. Mit viel Unterholz, stacheligen Sträuchern wie Weiss- und Schwarzdorn, Mäusedorn, Brombeeren. Wenn Tom nicht die ehemaligen Wege wieder freigeschnitten hätte, müssten wir in den meisten Fällen auf Wildschweinpfaden durch den Wald kriechen. Mittlerweile haben wir wieder ein kleineres Wegnetz, das zu Spaziergängen einlädt. Doch der grösste Teil von unserem Wald ist noch unzugänglich.
Ich liebe unseren Wald, seine bisweilen bizarr geformten Bäume, seine «Baumkreise» in die ich mich stellen oder gar setzen kann, seine teils von Moos bewachsenen Stellen, die mich zur Ruhe einladen. Es liegt mir am Herzen, den Wald zu erhalten und es freut mich, dass wir den Weg einer sanften Waldbewirtschaftung gehen.